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Ohne ein Wolkenspiel, noch nicht einmal mit einem Pups von einem Wölkchen, weckt uns am nächsten Morgen die blendend aufgelegte Sonne. Raus aus den Federn, rein ins Motorradfahrerglück.

Ich liebe Motorräder die ohne Zicken sofort auf den ersten Knopfdruck anspringen. So auch unsere gemieteten Enduros. Ohne Widerwillen nehmen die Eintöpfe beim ersten Startbefehl ihre Arbeit auf. Rauf auf die Bikes, nach ein paar Metern den Choke-Knopf zurückgestellt, an der Rolle gedreht, yiepieyeiyaeh und jupidu, ALGARVE wir kommen.

Das heißt, noch nicht so ganz. Nach 300 Metern Blinker setzten und erst mal wieder rechts ran. Die Sonne scheint so grell, daß selbst die Augen-Schlitztechnik nur einen Ausflug ins geblendete Nichts garantieren. Also Sonnenbrille auf, schon besser, jetzt kann's losgehen.

Vorbei an unzähligen Orangen- und Zitronenplantagen zieht die mitunter sehr ruppige Straße ihre Asphaltdecke durch die sanfte Hügellandschaft über FERREIRAS, ALGOZ zu der alten arabischen Stadt XELB, dem heutigen SILVES. Über steiles Kopfsteinpflaster poltern wir die enge Gasse bis hoch an das Kastell. Von hier, den Mauern der ehemals maurischen Burg, bestaunen wir den weiten Blick über die Felder und Obstgärten des ARADE-Tals.

Foto Nr. 09.13: Vitamin-Dealerin am Straßenrand. 
Foto Nr. 02.05: Schon von weitem zu erkennen, die thronende Burgkulisse über Silves.

Vor tausend Jahren etwa, war die ehemalige Hauptstadt der maurischen AL GHARB (arabisch = der Westen) ein wichtiger Handelspunkt, da der ARADE-Fluß bis zum Atlantik schiffbar war. Mit den Mauren erreichte auch die landschaftliche Zivilisation ihren Höhepunkt. Sie brachten u.a. Mandel- und Orangenbäume, legten Gärten an und Dank ihrer Bewässerungssysteme konnte sogar Reis angepflanzt werden. Mitte des 13. Jahrhunderts, erst 300 Jahre später als das restliche Nordportugal, fällt die letzte maurische Bastion und die ALGARVE wird endgültig portugiesisch. Nach dem die ARADE versandete und einen Schiffsverkehr unmöglich machten verblühte die einst so mächtige Stadt und erlebte erst im 19. Jahrhundert durch die Korkindustrie, den Bahnverbindungen und der Landwirtschaft wieder einen neuen Aufschwung.

Nach einem Muntermacher im Café INGLES, im Schatten des Kastells, geht es weiter über PORTO DE LAGO hoch in die Gebirgslandschaft SERRA DE MONCHIQUE. Die Straße wird besser und stellt keine großen fahrtechnischen Anforderungen. So genießen wir die Fahrt im Cruising-Tempo durch diese grüne Gartenlandschaft, vorbei an Eukalyptusbäumen, Korkeichen, Pinien, Zypressen, tropischen Pflanzen und einem Meer weiß leuchtenden Mandelblüten.

Foto Nr. 09.03: leuchtende Mandelblüten.
Foto Nr. 02.20: außergewöhnlicher Schattenspender.
Foto Nr. 03.25: zwischen Souvenirs und Handwerkskunst an der Straße nach Monchique

Diese Gebirgskette ist auch für das ausgeglichene Klima an der ALGARVE verantwortlich, weil sie besonders in den Wintermonaten wie eine Wand vor den kalten Nordwinden schützt.Nicht nur der Presunto, ein luftgetrockneter Schinken stammt aus dieser Gegend, berühmt sind auch die gebratenen Hähnchen Piri Piri, der leckere Honig und der Medronho-Schnaps. Diese hochprozentige Spezialität, die aus den Früchten des wildwachsenden Erdbeerbaumes gebrannt wird, ist wegen seines relativ hohen Anteils an Methylalkohol jedoch mit Vorsicht zu genießen. Auch das Wasser aus den Quellen von CALDAS DE MONCHIQUE findet den Weg in viele Supermärkte Portugals. Apropos Wasser und Eukalyptuswälder. Zwar bieten die hier irgendwann aus Australien eingeführten Bäume einen schnell nachwachsenden Rohstoff für die Zellstoffindustrie und geben dem Landstrich ein unverwechselbares Aroma, aber der Nachteil dieser nicht einheimischen Gewächse ist der hohe Wasserverbrauch während des Wachstums. Der Grundwasserspiegel sinkt und ganze Landstriche sind vom Austrocknen bedroht. Außerdem findet sich die einheimische Tierwelt in den Eukalyptuswäldern nicht zurecht und die australischen Koala-Bären haben leider keine Ahnung von diesen „paradiesischen" Zuständen.

In dem Bergdorf MONCHIQUE angekommen, lenken wir unsere hochbeinigen Maschinen durch die engen, verwinkelten Gassen und folgen den Wegweisern nach FOIA, dem Gipfel des MONCHIQUE-Gebirges, auf dem an einigen Wintertagen sogar Schnee liegen soll.Mit wechselnden Schräglagen, die vorbei fliegenden Eukalyptusbäume und vielen Aussichtspunkte ignorierend, weil Kurvenräubern jetzt einfach vorgeht, erreichen wir nach ca. 9 Kilometern die mit 902 Metern höchste Erhebung der ALGARVE, den Berg FOIA.Hier oben muß man ja einen Super Handy-Empfang haben. Die 360°Grad Rundumaussicht von dem Gipfel, bei klarer Sicht bis an beide Küsten, läßt uns den Wald von Sendemasten und Antennen aber wieder schnell vergessen.

Foto Nr. 02.08: Gedenktafel mit Motorrad-Stiefeln
Foto Nr. 02.06: Aussicht bis zur Küste?
Foto Nr. 03.15: A RAMPA: leckere Hähnchen mit Komfort-Aussicht

Auf dem Rückweg entdecken wir das Restaurant A RAMPA. Das ist das Zweite links von FOIA kommend. Serviert wird zu den hervorragenden, viel zu überdimensionierten Hähnchenportionen Piri Piri auch noch eine kostenlose Aussicht über die grüne Landschaft bis hin zum Atlantik.

Wen es nicht scheut, mal eine Nacht im weiteren Hinterland zu verbringen und wer gerne übersichtliche, kurvenreiche Straßen liebt sollte unbedingt ab MONCHIQUE weiter Richtung Norden fahren. Hier auf der Straße 266 jubelt das Motorradfahrer-Herz erst richtig los. Überschaubar windet sich die gut zu befahrende Straße durch die waldreiche Gegend runter nach bis SABÓIA und SANTA CLARA AL VELHA. Hier liegt der STAUSEE SANTA CLARA mit seinen unzähligen Buchten in einem Naturschutzgebiet. Portugals zweitgrößter Stausee ist mit über 300km Uferlänge und über 40qkm Seefläche einer der schönsten seiner Art und touristisch so gut wie nicht erschlossen.

Ein weiteres landschaftliches Highlight ist die leicht geschwungene Straße um den Stausee von SAO MARTINHO DAS AMOREIRAS in Richtung SANTANA DA SERRA. Ab hier ist unser Ziel AQUA FRIA, eine kleine Pension in einer der zahlreichen Buchten des ST. CLARA Stausees.

Foto Nr. 08.34: Straße um den St Clara Stausee
Foto Nr. 02.34: typisches Dorf im Hinterland, Santana da Serra

Um an diesen einsamen Ort zu gelangen muß man allerdings ab SANTANA DA SERRA einige Kilometer auf einer Piste mit gutem Offroadcharakter bewältigen. Piloten von Cruiser-Modellen oder Supersportlern hätten auf dieser Strecke so richtig zu arbeiten und bestimmt auch keine Freude. War uns aber mit den gemieteten Eintöpfen vollkommen egal und hatten zur Anfahrt AQUA FRIA den absoluten Offroad-Spaß. Auf jeden Fall mit der Suzuki DR350, die den Parcours mit Leichtigkeit überwindet. Das serienmäßig verbaute Federbein der Honda SLR650 hingegen ist wirklich ein schlechter Witz und die Stöße hauen mir jetzt erst recht ungefiltert in den Rücken.

Foto Nr. 08.01: Anfahrt nach Aqua Fria. Gleich wird's spannend

Nach einigen, holprigen Kilometern, der voraus Fahrende schluckt am wenigsten Staub, entdecken wir unten am See die gesuchte Ferienanlage AQUA FRIA. Einfach unverschämt traumhaft gelegen. Der Tip von Anibal, unserem Motorradverleiher, entpuppte sich als goldrichtig. Der weite Ausflug hat sich allein für das wunderbare Seepanorama gelohnt.

Foto Nr. 04.09: einsame Pension am St Clara Stausee

Die einsame, einfache, kleine und motorradfreundliche Pension wird seit ca. 3 Jahren von den Schwarzwäldern Ev und Uli betrieben. Sie bieten ihren Gästen Übernachtung mit Frühstück oder Halbpension an und versorgen mit portugiesischen und deutschen Spezialitäten. Für den der's braucht, gibt's sogar auch Weizenbier.

Den Strand wirklich vor der Haustür, kann man hier außer segeln, surfen, schnorcheln, angeln, paddeln, wandern, nichts tun, leichte Cross-Motorräder mieten oder mit einer Pferdestärke das Naturschutzgebiet reitender Weise erkunden. Für einen Extra-Urlaub als Alternative zum Meer von März bis Oktober wäre das hier durchaus denkbar. (genaue Unterlagen als Anlage anbei)

Foto Nr. 04.19: Fuhrpark am Aqua Fria
Foto Nr. 04.00: 2 PS in Wartestellung


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